Sonntag, 27. September 2020

Nie um Erlaubnis fragen

So, ich muss diesen Post hier einfach einmal schreiben, denn ich nerve mich immer wieder über den Umstand, dass manche Menschen sich durch ihre Korrektheit und Regeltreue selbst im Weg stehen - auch ich - während andere auf Anstandsregeln und Nächstenliebe pfeifen und damit super fahren. Darum heute meine Tipps an alle Menschen, die im Leben mehr erreichen wollen, als andere ihnen "erlauben" würden.

Fünf Grundregeln:

  1. Frag nie (wieder) um Erlaubnis. Wenn es nicht verboten ist, von wem bräuchtest du überhaupt eine Erlaubnis?? Falls sich jemand an deiner Handlung stört, entschuldige dich lieber im Nachhinein.

  2. Warte nicht darauf, dass andere für dich schauen. Du willst eine Weiterbildung machen, aber deine Firma will sie nicht finanzieren? Zahl sie halt selbst! Mach sie! Such danach eine neue Firma und handle mit ihnen aus, dass sie einen Teil der Kosten - nachträglich - übernehmen. Deine Chancen stehen gut!

  3. Schau nicht für andere. Ein Arbeitskollege braucht immer wieder deine Hilfe, weil er zu inkompetent, langsam oder faul ist? Säg ihn ab. Sag ihm freundlich, dass du leider keine Zeit mehr hast. Einmal helfen ist ok, aber du bist nicht für unfähige Leute verantwortlich, die andere Leute eingestellt haben.

  4. Schau für dich. Es gibt spannendere Projekte, als die, die du gekriegt hast? Formuliere konkret, dass du dieses Projekt möchtest und womit du dich dafür qualifizierst. Wiederhole dich, bleib dran. Das nennt man Ausdauer, Fokus und Hartnäckigkeit - auf jeden Fall gute Eigenschaften!
    Dazu gehört auch, Aufgaben abzugeben, die du nicht willst. Jedes mal, wenn du eine neue Aufgabe übernommen hast, sorg dafür, dass eine lästige zu jemand anderem geht! Das gehört zusammen!

  5. Du vermutest, dass man dich nicht berücksichtigt, weil du weiblich bist? Thematisiere es. Selbst wenn du es dir kaum vorstellen kannst, es muss erlaubt sein, die Frage zu stellen. Gerade dann, wenn du für eine Aufgaben besser qualifiziert wärst, als der Mann, der sie an deiner Stelle kriegen soll. Bleib aber sachlich und unemotional! Wenn der Zug bereits abgefahren ist, frag, wie du dich nächstes mal für die Aufgabe ins Spiel bringen kannst. Zwing sie dazu, verbindlich zu werden.


Warte nicht auf Förderung. Fördere dich selbst.

Im Job ist es ja leider meistens so, dass dir dein Aufgabenbereich vorgeschrieben wird. Meistens hast du wenig bis keinen Einfluss darauf, was deine tägliche Arbeit ist. MEINST DU ZUMINDEST. Fakt ist, wenn du denkst, dass irgendwer deine überaus gute Leistung als Anlass sieht, dich dort wegzubefördern, wo du bist, irrst du dich gewaltig. Warum sollte dich dein Chef wegbefördern? Dann müsste er ja jemand anderes finden, der deine Arbeit so gut und schnell erledigt, wie du? Die Gefahr für ihn ist, dass er keinen findet, der es so gut kann, und sich am Ende selber drum kümmern muss. Voilà!

Fakt ist aber auch, dass du sehr viel mehr Einfluss auf dein daily Business hast, als du denkst. Merk dir einfach: Mitarbeiterförderung war einmal. Wenn du dich weiterentwickeln willst, musst du das ganz allein hinkriegen und häufig GEGEN den Plan deines direkten Vorgesetzten. Dank der Globalisierung stellt die Firma lieber eine perfekt passende Person für den Posten ein, den du möchtest, als dich dorthin zu entwickeln. Ich nenne das globalisierungs-induzierte Stagnation der Personalentwicklung. Gerade KMUs besitzen häufig nicht mal eine Strategie, wie sie ihren Mitarbeitendenbestand entwickeln wollen. Das ist alarmierend, an sich. Nicht jeder will aber bei einem Grosskonzern arbeiten, wo es solche Konzepte meistens gibt, und nicht jede Person im Grosskonzern schafft es, sich zu entwickeln - trotz vorhandener Möglichkeiten.

Also was tun?

Im Prinzip ist es relativ einfach, die Kernkriterien einer vielversprechenden Karriere sind:

  1. Chance: Wo keine Chance, sprich freie Stelle, dort keine Karriere. Ob man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist, kann man selten beeinflussen, aber wenn man die Augen bewusst offen hält, entgeht einem eine Chance auch weniger. Registriere dich also bei Job-Portalen und/oder direkt beim Job-Newsletter der Firma, die dich interessiert. Bewirb dich auch spontan und lass dich benachrichtigen, wenn eine entsprechende Stelle frei wird.

  2. Verfügbar sein: Wer weiterkommen will, muss (leider) bereit sein, mindestens im 80%-Pensum zu arbeiten. Wer Vollzeit verfügbar ist, wird noch ernster genommen. Ich empfehle, wenn möglich einen Vollzeit-Vertrag abzuschliessen, aber fixe Homeoffice-Tage auszuhandeln, dann lässt sich etwas bessere Work-Life-Balance herstellen bei gleichbleibenden Karriere-Chancen.

  3. Die richtigen Skills besitzen: Vor allem auf dem Papier. Wer einen Master in irgendwas hat, der hat schon einmal hundertfach bessere Chancen, den Job zu kriegen. Jede und jeder muss heute studiert haben, um echte Karriere zu machen. Egal, was die Leute sagen. Berufslehre reicht nie, egal wie gut du bist.

  4. Mit allen gut auskommen: Es ist kein Geheimnis, wer mit jedem gut auskommt, wird eher befördert. Alternativ: Mit den relevanten Leuten gut auskommen. Ich rate dringend, zu lernen, wann man besser die Fresse hält und wie man seine Agressionen ausserhalb des Büros abbaut. Man muss immer sachlich, konstruktiv und freundschaftlich sein. Freundlich allein reicht nicht. Freundschaftlich. Deine Kolleginnen und Kollegen müssen denken, sie wären dir wichtig. Aber übertreib es nicht.

  5. Profiliere dich regelmässig. Ich mache den Fehler immer wieder, dass ich entscheide, mehr erledigt zu bekommen, als Zeit dafür abzuzweigen, meine Leistung zu präsentieren. Das ist dumm von mir. Das ist falscher Diensteifer. Das rechnet sich in dieser Gesellschaft leider nicht. Warum? Weil mein Chef nicht sieht, was ich alles leiste, wenn ich es nicht in eine Mail an Alle oder einer schicken Powerpoint-Präsentation am nächsten Team-Meeting präsentiere. Das braucht alles Zeit, die muss ich mir aber nehmen, sonst ist meine Arbeit für die Katz! Was sie nicht sehen, existiert nicht!

  6. Last but not least: Sei attraktiv. Ich weiss, klingt unlogisch, ist aber auch einer der Gründe, wieso Leute Karriere machen. Wenn du gut aussiehst, gepflegt bist, gut gekleidet bist, gute Umgangsformen und - wenn du kannst - das richtige Netzwerk hast, stehen deine Chancen gut, weiter zu kommen. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass attraktive Menschen bessere Jobs kriegen, unabhängig von ihrer fachlichen Eignung oder ihrer effektiven Leistung. Beobachtet man auch immer wieder im nächsten Umfeld, oder? Also investiere Zeit in dein Erscheinungsbild.


Also los! Und nochmal: Frag nie wieder nach Erlaubnis! Entschuldige dich lieber im Nachhinein!!


Schmerzlos Sparen - oder wie man sein Geld nicht zum Fenster rauswirft

Wie viel Geld hast Du in Deinem Leben schon verdient? Ich hab es einmal zusammen gezählt. Das war leicht, denn ich weiss meine Jahresgehälter allesamt noch auswendig. Als ich die Zahl mit meinem Kontostand verglich, fragte ich mich schon, wo das alles hingekommen ist.

Antwort: Kleiderschrank, Auto, Reisen, Hobbies, Restaurantbesuche... was haben wir die zwanziger nicht genossen. :) Ganz befriedigend ist das dann natürlich aber nicht, wenn man über dreissig ist und sich langsam mit Fragen der Langfristigkeit auseinandersetzt. Noch drängender wird die Finanzplanung, wenn frau Mutter geworden ist und wegen Teilzeitarbeit merklich weniger Geld verdient.

In der Mitte des Lebens gibt man halt auch gern Geld aus, man verdient ja auch mehr als früher. Aber wir haben heute auch viel mehr Lebensjahre vor uns, als vorherige Generationen - und dabei werden wir auf dem Arbeitsmarkt tendentiell unattraktiver (ältere Mitarbeiter sind teurere Mitarbeiter). Auch die Globalisierung erschwert die Karriere. Darum: In den fetten Jahren sparen und investieren, dann hast du in den mageren.

Heute meine Tipps für schmerzloses (also relativ schnelles, leichtes) Sparen. In einem andern Post schrieb ich bereits über Kapitalvermehrung, sprich Investieren.

1.) Ein Auto nie neu kaufen

Der Abschreiber auf einem neuen Auto kann einfach durch nichts gerechtfertigt werden. Besser einen Mehrjährigen kaufen, der noch gut im Schuss ist (schön, wenn der Wagen erst einen Vorbesitzer hatte). Noch günstiger wäre natürlich KEIN Auto, aber so weit würde ich nicht gern gehen. ;-)

2.) Preise vergleichen bei Service, Reparaturen und Ersatzteilen vom Auto

Es lohnt sich, im nahen Ausland bei einer Garage nachzufragen. Gerade planbare Arbeiten wie Service, Bremsen-Ersatz oder Zahnriemen-Ersatz (nach 10 Jahren fällig) sowie Karrosseriearbeiten (Beulen, Kratzer) lohnen sich ganz schnell. Ich persönlich zahle regelmässig nur die Hälfte von dem, was ich in der Schweiz zahlen müsste, inklusive Ersatzwagen. Auch beim Reifenkauf lässt sich Geld sparen, wenn man die überteuerten Pneuhäuser in der Schweiz meidet (z.B. bei reifen.de Deutschland). Sowohl auf die Arbeiten als auch auf die Teile lässt sich die Deutsche MwSt übrigens zurückfordern.

3.) Versicherungen: Jedes Jahr vergleichen und ggf. wechseln


Jedes Jahr steigen die Krankenkassenprämien um 2-5%. Das BAG hat sogar eine Hotline für besorgte Bürger eingerichtet. Es lohnt sich also jedes Jahr, die Prämien und auch Leistungen zu vergleichen. 

Was viele nicht wissen: Krankenversicherungen sind per Gesetzt verpflichtet, jede/n Gesuchssteller in die Grundversorgung aufzunehmen. OHNE Gesundheitsprüfung, OHNE Vorbehalte. Genau darum lohnt es sich, jedes Jahr die Kosten für die Grundversicherung zu vergleichen. Es lohnt sich selbstredend auch, ab und zu die Hausrat-, Haftpflicht- und Autoversicherung zu vergleichen - am einfachsten auf comparis.ch

4.) Kleider und Schuhe bewusst kaufen

Bei der persönlichen Ausstattung sollte man, wie ich im Artikel "Dressed for Success" schon betont habe, grundsätzlich nicht an der Qualität sparen, wohl aber an der Menge (siehe Artikel "Kleiderschrank Strategien"). Von den mittlerweile leider zahlreichen Deutschen Arbeitskolleginnen und -kollegen in der Schweiz (ich mag sie als Person, aber sie führen dazu, das InländerInnen weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben), erfuhr ich vor einigen Jahren, dass wir SchweizerInnen leider viel  zu viel für Markenkleider zahlen. Deutsche gehen darum in Deutschland einkaufen. Keinem von denen (die gleich viel verdienen, wie wir Schweizer) käme es in den Sinn, in der Schweiz teilweise mehr als doppelt soviel fürs exakt gleiche Kleidungsstück auszugeben.

Wem der Weg in die Outlets (z.B. Menzingen) zu weit ist, der kann auch bequem an ein Paketfach an die Grenze liefern lassen (z.B. mit Grenzpaket) und zahl oft nur die Hälfte des Schweizer Preises. Nimmt man sich für einen Ausflug ins Outlet Zeit, kann man auf der Rückreise am Zoll auch gleich den Ausfuhrstempel holen und sich später die Deutsche Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen.

5.) Dinge reparieren lassen

Wir tendieren dazu, gerade Elektronik und Haushaltgeräte wie Staubsauger viel zu schnell zu entsorgen. Es ist auch mühsam, die Dinger in den Laden zurück zu schleppen. Warum kann es sich dennoch lohnen? Auf vielen Geräten lässt sich bereits beim Kauf eine Garantieverlängerung abschliessen. Weiss man nun, dass ein Staubsauger oder die Schallzahnbürste im Schnitt nach drei Jahren kaputtgeht, kann man sich das Sparpotenzial ausrechnen. Die Hersteller tauschen defekte Artikel häufig einfach gegen neue aus, statt sie zu reparieren.

Dabei sind Staubsauger noch die kleinsten Investitionen - denken wir weiter: Tumbler, Geschirrwaschmaschine, Waschmaschine, Rasenmäher, Surround-Anlage, Luftbefeuchter, TV, Laptop... da kommt schnell was zusammen.

Übrigens kann man auch Schuhe reparieren lassen. Die guten Italienischen sehen danach fast wie neu aus.

6.) Cut the crap - Starbucks und andere überteuerte Restaurants

Nichts gegen ein bisschen Joie de Vivre im Alltag - aber wie viel man in den Schweizer Städten (allen voran Genf und Zürich) für ein Steak zahlt, ist eine Frechheit. Auch dass man bei Starbucks für einen Kaffee "Tall" (3,5dl zu 90% aus Milch) CHF 6.90 abdrücken muss. Bei einer fünftage Woche mal ca. 47 Arbeitswochen im Jahr spart man also CHF 1621.50 pro Jahr.

Alternativen:

Kaffee auf jeden Fall SELBER MACHEN. Wem das Starbucks Logo wichtig ist, kauft sich einen Thermo-Mug (oder einen Sticker und klebt ihn auf eine Thermotasse).

GUTES Fleisch lieber selber kaufen, Freunde einladen und zusammen kochen / grillieren. Hier zwei ultra coole Links für feines Fleisch: kuhteilen.ch und luma-delikatessen.ch


7.) Kreditkarten vermeiden

Warum verschleudern so viele Leute jährlich Millionen und Abermillionen an Kreditkartenfirmen? Kreditkarten kann und soll man am besten gänzlich vermeiden.

Wer nur einen Teil der Rechnung bezahlt, muss mit Schuldzinsen und teilweise auch Mahngebühren rechnen. Verzinst wird dabei übrigens mehr als nur der effektiv fehlende Restbetrag. Wie man hier abgezockt wird, hat Kassensturz erklärt.

Wir tendieren dazu, mehr Geld auszugeben, wenn die traurige Wahrheit über unsere Ausgaben erst verzögert eintrifft. Wird jede Ausgabe direkt vom Konto abgebucht, hat man ein besseres Gefühl dafür, wo man finanziell steht, und hält sich zurück.

Ich empfehle, im In- und Ausland die Maestro Karte einzusetzen. Dieses so genannte Debit-Produkt belastet den Betrag direkt dem Konto. Man kann nicht mehr ausgeben, als man hat. Für online Shopping ist die brandneue Mastercard Debit erhältlich (z.B. bei der Credit Suisse). Sie ersetzt in den nächsten Jahren die Maestro und kann wie eine Visa oder Mastercard Kreditkarte - online oder offline - eingesetzt werden, ist dabei aber bei weitem günstiger. Einziger Nachteil: Debit-Produkte haben im Moment noch keine Mobile-Payment Funktion, man kann sie also im Handy nicht für kontaktloses Zahlen hinterlegen. Wem das wichtig ist, empfehle ich Revolut als Prepaid-lösung fürs Telefon und fürs Internet.


8.) Impulskäufe vermeiden

Eigentlich gehört der Punkt auf Platz eins, aber nicht alle sind gleich anfällig für so genannte "Schnäppchen". Eine gute Regel ist: Kaufe nichts, was du nicht auf der Einkaufsliste hattest. Gute App für Einkäufe: Bring

Gerade in Corona-Zeiten solltest Du sowieso nur einmal pro Woche einzukaufen (und nie hungrig). Bei grösseren Posten wie Einrichtungsgegenstände oder Sport-Equipment solltest du immer eine oder zwei Nächte darüber schlafen.

Ich persönlich hab angefangen, meinen online Warenkorb jeweils 24 Stunden "stehen" zu lassen. Bei den meisten online Shops geht das heutzutage problemlos. Dann gehe ich die Teile nochmals durch und frage mich bei jedem einzelnen: "Brauch ich das wirklich?" "Hab ich nicht schon sowas?" "Ist es den Preis wert?" und (bei Kleidern): "Kann ich es überhaupt mit anderen Sachen kombinieren? Wann will ich das konkret anziehen?"


9.) Und zu guter letzt: Sich immer die SPARMOTIVATION VOR AUGEN HALTEN

Im / auf Portemonnaie ein Foto des Ziels kleben, auf das man hinspart. Wirkt wunder. :)













Sonntag, 5. April 2020

Der Coronavirus Graben

Die ganze Welt ist von der Coronavirus Pandemie betroffen. Fast die alle Länder reagieren früher oder später mit einem "Lockdown". Abgesehen von den für einen Virologen und Epidemiologen an sich wenig beeindruckenden Zahlen (man google "Spanische Grippe" zum Vergleich) zeigen sich unter der aktuellen Ausnahmesituation erstaunliche, mitunter faszinierende gesellschaftliche Phänomene - oder Gräben. Korrekt muss nämlich im Plural gesprochen werden, denn es ist nicht nur ein Graben, der durch Corona zutage gefördert wird, es sind deren viele.

1. Der Generationen-Graben

...hat sich sehr schnell gezeigt und die Forderung danach, anstatt die ganze Schweizer Bevölkerung zum Daheimbleiben zu zwingen, nur die Risikogruppen zu isolieren, wird lauter und lauter. Und man muss sachlich zugeben: Jemand sollte irgendwann wieder arbeiten gehen und die Wirtschaft am laufen halten. Die Pensionäre sind das ja per se nicht. Meiner Meinung nach ist dieser Generationenkonflikt, der mit dem unsäglich dysfunktionalen Rentensystem schon lange brodelt, ein veritables Pulverfass.

2. Der Bünzli-Notbünzli-Graben

Manifestiert sich leider bereits im #staythefuckhome Hasthag. Ernsthaft: Selbst von meiner besten Freundin würde ich mir in dem Ton nichts sagen lassen. Die Schweiz kotzt jetzt an jeder Ecke ihre Hilfssheriffs aus. Jene, die wie es scheint ihr Leben lang darauf gewartet haben, es irgendwem heimzuzahlen. Das sind jetzt nicht mal nur die mit dem perfektesten Altpapierbündeli. Mir fallen vor allem die furchtbar gehässigen Hausfrauen auf. Jessesmaria. Jetzt keifen sich Spaziergänger an, Nachbarn rufen die Polizei um private (!) Gartenparties aufzulösen und in der Schlange vor dem Supermarkt töten sich Wildfremde mit Blicken oder schütteln laut den Kopf über Astandnichteinhalter. #getalife #forfuckssake #ilovesweden

3. Der nationalistische Graben

Es könnte ja sein, dass irgendwann diese 2000 oder was Intensivpflege-Betten mit Beatmungsgeräten besetzt sein werden. Gott bewahre, von Italienern, Franzosen oder sonstwelchen fremden Fötzeln - und Schweizern das Leben kosten!! Darum lasst diese Scheissgrenze zu, richtig? Das offenbart irgendwie die traurige Kehrseite der Globalisierungs-Medaille. Zur Erinnerung: 50% der Verstorbenen (in der Schweiz) waren über 80 Jahre alt, 45% über 65 und fast alle (97%) davon hatten eine Vorerkrankung (Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankung). Es trifft nur einen sehr kleinen Teil überhaupt, und vermutlich nicht dich. Also chills mal.
Zudem: Bis jetzt haben wir so viele freie Intensivbetten, dass der Bundesrat aktiv Patienten aus dem Elass einfliegt. Weil man weiss ja: sonst wird es dann später etwas peinlich, zu erklären, wieso Feldlazarette gebaut und 8000 Soldaten einberufen werden mussten, wenn nur ein Drittel der möglichen Beatmungsgeräte gebraucht wurden. Aber - Grenzen zu! Auf jeden Fall.

4. Der Graben zwischen gesund und ungesund

Die einen bashen die Jogger ("sie prusten das Virus aus!") die andern die Couchpotatoes ("verfettet doch zuhause!"). Tendenziell finde ich, die Unsportlichen und Raucher (die statistisch in der Tat öfter Diabetes und Bluthochdruck kriegen) sollten jetzt einfach kurz die Fresse halten. Lasst die Jogger joggen und geht woanders eine Schnute ziehen. Natürlich ist es verständlich, dass sich diese Risikogruppe (und dafür halten sich erstaunlich viele) bedroht fühlt. Fragt sich eher, ob sie wissen, dass ihre Vorerkrankungen zu einem signifikant höheren Sterblichkeitsrisiko führen, als eine Covid-19-Erkrankung. Just asking...

5. Der Graben zwischen White- und Blue-Collars

Ja, alle klatschen für die Ärzte, das Pflegepersonal, die Rettungssanitäter etc. und sofort werden auch Stimmen laut wie "Nehmt den Homeoffice-Schöggelern den Lohn weg und gebt ihn den Pflegerinnen". Well. Wer, genau, bezahlt eigentlich die Krankenkassenprämien und die Franchise? Die Steuern? Wer sind eigentlich Eure Kunden / Patienten? Und wer jammert jetzt plötzlich, wenn 30-50% weniger Notfallpatienten auftauchen? Wie viele von uns "Nichthelden" haben gerade ihren Job verloren, müssen Kurzarbeit anmelden oder verlieren ihr Geschäft, das sie über Jahre aufgebaut haben? Weil man das Gesundheitssystem nicht überlasten will? Etwas Demut und Bescheidenheit wären nicht fehl am Platz. Von den Lehrern hört man jetzt mit gutem Grund kein Gejammer mehr. Das von den Bauarbeitern wurde im Keim erstickt. Es ist ein System, ihr seid Leistungserbringer, wir auch. Wir sind Teil des ganzen. Ich sehe weit und breit keine Helden. Sicher auch dort nicht, wo man als Gesunder trotz Grippewelle noch arbeiten geht. Wenn ihr Euren Beruf gewählt habt, um Held zu werden, dann habt ihr was falsch verstanden.

6. Der Graben zwischen Gebildet und Ignorant

Die Schweiz liebt Daniel Koch (BAG). Kaum einer hat verstanden, warum ihn das Coronavirus überhaupt nicht beeindruckt. Er ist nämlich - wer hat's gewusst? - Arzt. Als solcher weiss er haargenau, der Lockdown verhindert keine einzige Infektion, er verschiebt sie höchstens. Früher oder später werden bis zu 70% der Bevölkerung durchseucht sein. Der einzige Grund für den Lockdown ist, man will die Spitäler nicht über ihre Kapazitätsgrenzen bringen. Unter dem Aspekt muss man die Sabotage der Wirtschaft wirklich betrachten und beurteilen, und unter keinem anderen. Übrigens vesteht man dann auch, wieso Schweden keinen Lockdown hat: Sie gehen davon aus, dass ihre Spitäler die Kapazität für eine "schnelle Welle" einfach haben.
Mich dünkt nun, es gibt einen Riiiiesengraben zwischen jenen, die diesen Zusammenhang verstanden haben, und jenen, die sich einbilden, sich einer Infektion auf Dauer entziehen zu können.

7. Der Graben in unserem Bett

Manche sagen, Weihnachten sei für Scheidungsanwälte das Sylvester der Handchirurginnen. Das Corona-Lockdown wird beides zusammen und mehr für für Tinder, Parship, Youporn & Co.
Wir wissen alle, es gibt soooooooo viele Leute, die eine Beziehung führen, die schon lange zu Ende ist. Corona dürfte bei so manchem dazu führen, diesen Zustand zu beenden. Und zwar, hoffentlich, ohne Handgreiflichkeiten und Beleidigungen, auch wenn es manchen vielleicht schwer fällt. Trennungen sind, wie berufliche Stellenwechsel, auch die Chance, dass Leute zusammenkommen, die sich wirklich zu schätzen wissen, und sich nicht nur gegenseitig dulden.

Alles Gute.

Sonntag, 8. März 2020

Dealbreaker - wann frau abbrechen sollte

Dealbreaker - der Grund, wieso wir Freundschaften beenden, Arbeitsstellen verlassen oder Marken meiden. Dealbreaker erkennen wir eigentlich, wenn wir ihnen begegnen, aber manchaml fehlt uns der Mut, auch konsequent zu sein. Hier eine Auswahl aus meinen schon erlebten Dealbreakern und wie ich mit ihnen umgehe.


Vulgarität & Sexismus

Vulgäre Sprüche, sexistische Witze oder anzügliche Doppeldeutigkeiten habe ich früher weggelächelt. Dies natürlich, weil ich a) nicht wusste, was ich darauf antworten sollte (muss ich?), b) Angst hatte, jemanden vor den Kopf zu stossen oder c) nicht als die Humorlose gelten mochte. Letzteres sehr, sehr häufig in Männerrunden, die scheinbar keinen anderen Humor als diesen kannten.

Ich glaube, das Problem sind unsere weiblichen Rollenvorbilder. Wenn deine Mutter oder deine Chefin in ihrem reiferen Alter immer noch keine bessere Strategie als Lächeln gefunden hat, was soll uns da denn noch einfallen? Sie wird schon wissen, was am besten ist. Nicht? Nö. Auch sie kopiert irgendwelche Vorbilder, die es nicht besser wissen.

Dabei ist es wirklich wichtig, dass man in so einer Situation klar macht, dass es einfach nicht okay ist und wir uns fremdschämen. Wir müssen das unbedingt abstellen. Tun wir es nicht, denken die (v.a. Männer), es wäre okay. Oder schlimmer: Wir fänden es lustig (wir lächeln ja). Vulgäre, dumme Sprüche sind so etwas von öde, vor allem, wenn sie von hässlichen, abstossenden Männern vorgetragen werden, die wissen, dass sie uns sexuell niemals näherkommen werden, als mit diesen verbalen Entgleisungen.

Vulgarität muss man nicht akzeptieren, weder im Büro noch im Privatleben. Im Privaten halte ich es heute so, dass ich Leute meide und ihre Nummer blockiere, wenn sie vulgär geworden sind. Mit Frauen halte ich es genauso. Sofern ich kann. Wenn ich ihnen nicht aus dem Weg gehen kann - etwa im Büro - werde ich sie unter vier Augen drauf ansprechen. Am besten sofort. Riskiere ich damit, spiessig (zickig, verkrampft) zu sein, dann bin ich lieber spiessig, als eine, die sich alles sagen lässt. (Siehe auch: Mein Blogbeitrag zu Sexueller Belästigung.) Man sollte im ersten Gespräch sehr sachlich bleiben und bei sich bleiben, keine Vorwürfe machen. Etwa so: "Peter, mich hat der Witz gestört, den du vorhin in der Caféteria gemacht hast. Ich empfand ihn als sexistisch und unangemessen. Ich wünsche mir, dass du in Zukunft keine solchen Äusserungen mehr in meiner Gegenwart machst. Kannst du das nachvollziehen?"

Viele Männer merken es ja nicht (oder behaupten es zumindest), wenn sie zu weit gehen. Sie haben sich manchmal noch nicht daran gewöhnt, dass sie mit Frauen zusammen arbeiten und dass man diese Art von Witzen einfach nicht mehr bringen kann. Erst, wenn keine Einsicht kommt, sollte man statt eines zweiten Gesprächs besser direkt zum HR gehen. Heute ist man in den meisten Firmen sensibilisiert auf das Thema.

Indiskretion / Verbreiten von Unwahrheiten / Lästern



Seien wir ehrlich - Indiskretionen anderer stören einen dann, wenn man zunächst selbst indiskret gewesen ist. Nicht? Man ärgert sich, dass man dieser Person überhaupt etwas anvertraut hat. Die logische Konsequenz ist, dass man ihr nichts mehr anvertraut, oder nichts mehr von Bedeutung, und das ist der Dealbreaker im Bezug auf Offenheit und Wahrheit. Stelle ich heute fest, jemand ist nicht verschwiegen, lästert oder verdreht gar die Tatsachen, schraube ich an Form und Fülle der mit ihr ausgetauschten Informationen. Ich kenne auch viele, die gerade im Büro niemals lästern, weil der potenzielle Schaden, der damit angerichtet werden kann, den Nutzen (Unterhaltung) selten aufwiegt. Man sollte privat lästern, und nur mit Leuten, die vertrauenswürdig sind.



Unzuverlässigkeit

Zu spät zu einer Verabredung erscheinen finde ich nicht unzuverlässig, nur unpünktlich. :) Gar nicht erscheinen oder sehr kurzfristig absagen (eine Stunde vorher etwa) ist hingegen ein Dealbreaker. Leute, die mit meiner Zeit so ignorant umgehen, haben sie auch nicht verdient. Adieu.

Übrigens gibt es ja auch unzuverlässige Arbeitskollegen/innen und Arbeitgebende. Wer sich wiederholt nicht an Deadlines und Abmachungen hält, der hat meine Zeit und Sympathie verspielt - ganz gleich, ob es aus Dummheit oder Bösartigkeit heraus passiert ist.

Schulden

Ein ganz heikles Thema. Beginnt beim Punkt: Wem leihe ich überhaupt Geld? Normalerweise nur Freunden und Familienmitgliedern. Wenn die dann über längere Zeit nicht zurückzahlen, sich vor Tilgung ihrer Schulden etwa noch Unnötiges leisten (sprich mit meinem Geld) oder sich woanders auch noch Geld leihen, dann leidet die Freundschaft.

Ich halte es heute so, dass ich erstens nur noch Geld leihe, das ich der Person auch schenken würde (dann schmerzt es nicht so, wenn es nicht mehr zurück kommt) und zweitens jedes Darlehen schriftlich mache. Nehmen wir einmal an, die Person zahlt nicht zurück und ich merke, ich würde es ihr doch nicht schenken wollen, dann kann man es immerhin noch eintreiben. Ein Dealbreaker wäre das dann aber allemal. 

Arbeitgebersünden: Konditionen in Eigenregie ändern


Stellenprofile wandeln sich, keine Frage. Sollen sie ja auch, wenn es bedeutet, dass sich die Arbeitnehmer entwickeln und gefördert werden. Dealbreaker sind für mich aber Situationen, in denen die Konditionen sich zum Nachsehen der Arbeitnehmer ändern. Meistens passiert das, wenn es der Firma schlecht geht. Es werden Stellen gestrichen und die früher dort erledigte Arbeit auf die verbliebenen Köpfe verteilt. Geht es der Firma noch schlechter, reduziert sie Arbeitspensen (so eine Art Kurzarbeit aber auf Kosten der Arbeitnehmenden) oder kürzt gar die Löhne. Leider alles schon selbst erlebt.

Was tun? Erstens nein sagen, nicht einfach akzeptieren. Es gibt Arbeitnehmerrechte. Will der Arbeitgeber die Konditionen verschlechtern, und man selber kann damit nicht leben, muss der Arbeitgeber eine so genannte Änderungskündigung (oder eine reguläre) aussprechen und sich an die Kündigungsfristen halten. Ist einem die zu kurz, sollte man die schlechteren Bedingungen allenfalls temporär akzeptieren und sofort eine neue Stelle suchen. Keinesfalls empfiehlt es sich, zu warten und zu hoffen, dass es besser wird. Wird es in der Regel nämlich nicht, denn wenn die Krise überstanden ist, kommt das Management meistens auf die seltsame Idee, dass man den kostengünstigen Modus beibehalten könnte zwecks Gewinnmaximierung.

Übrigens ist das Problem in solchen Situationen ist, neben dem erhöhten Stress (auch psychisch) bei der Arbeit, die Zeit und Energie aufzubringen, überhaupt etwas Neues zu suchen. Es ist wichtig, dass man sich seiner Energiebilanz immer sehr bewusst bleibt. Diese Firma kann nicht von einem erwarten, dass man die Arbeit von dreien erledigt. Schlimmstenfalls sollte man kündigen, ohne etwas neues zu haben. Man kriegt vom RAV zwar Einstelltage, aber man rettet seine eigene Gesundheit und erhält oft seinen Seelenfrieden zurück. Denn seien wir ehrlich: Diese Schrottfirma interessiert sich nicht für dein Wohlergehen, das ist klar.

Arbeitgebersünden: Mitarbeitende ausnutzen und versauern lassen

Etwas, was oft passiert, vor allem mit Frauen, wie ich finde: Sie werden hochqualifiziert eingestellt, kriegen einen monströsen Berg an Arbeit (der auch nie kleiner wird) und werden dann genau dort stehen gelassen. Meist allein. Ein Arbeitgeber hat sich um seine Angestellten zu kümmern und sie zu fördern, auch wenn sie nicht auf die Hinterbeine stehen. 


Ich rate allen (vor allem den sanftmütigen Frauen), spätestens nach einem Jahr zu überprüfen, welche Arbeiten einem entsprechen, welche man abgeben möchte und welche neuen (auch Projekte) man gerne übernehmen würde und dies dann mit dem Chef zu thematisieren. Man kann vielleicht nicht erwarten, dass man nach "nur" einem Jahr bereits seinen Aufgabenbreich modifizieren kann, aber spätestens nach zwei. Denn wer, dafuq, langweilt sich denn nicht, wenn er jahrelang denselben Mist abarbeiten muss? Und eine neue Stelle suchen ist auf Dauer auch mühsam. Machen wir es, wie die Männer: Lasst uns einen Karriereplan erstellen und unsere Forderungen äussern. Wenn nötig immer wieder. Auch nach mehr Gehalt.

Fremdgehen / Affären mit anderweitig liierten Menschen

Sollte ich zwar nicht erwähnen müssen, tue ich jetzt aber trotzdem. Ich habe viele Frauen kennen gelernt, die ihre Männer trotz Untreue nicht verlassen haben. Manche Paare hatten dann eine "offene Beziehung" (in allerlei Formen), trennten sich dann früher oder später trotzdem. Vor allem Geld / Lebensstandard oder gemeinsame Kinder scheinen Gründe zu sein, weiterhin als Paar aufzutreten, obwohl man sich längst fremd geworden ist. Meine Haltung zu Untreue ist: Bullshit.

Geld und Luxus ist weniger wert, als deine seelische Gesundheit. Und Kinder leiden meiner Meinung nach mehr unter der Atmosphäre von Enttäuschung und Schmerz als darunter, dass die Eltern in getrennten Haushalten leben. Würden sich alle desillusionierten, unglücklichen Paare trennen, gäbe es auch wieder mehr Herzen auf dem Singlemarkt. Es wäre allen geholfen. :)

Änlich sehe ich es bei Affären - ich werde jedes Jahr x mal von verheirateten Familienvätern angegraben. "Zum Glück" hab ich diese Dummheit bereits mit 19 hinter mich gebracht. Es ist es nicht wert. Sobald einer auch nur behauptet, er lebe getrennt mit seiner "Ex" unter einem Dach, suche ich das Weite. Entweder, jemand ist frei und zu haben, oder nicht.

Messiness, Ungepflegtheit und mangelnde Klasse


Erkennt man leider oftmals erst, wenn man die Wohnung des/der Betreffenden sieht. Es gibt tatsächlich Leute, die stapeln in ihrer Wohnung dreissig Pizzaschachteln, haben auf jeder horizontalen Oberfläche Krimskams (und Staub) und putzen ihr Klo alle paar Wochen mal. Hm. Zum Glück sieht man es manchen aber schon auch an, selbst wenn sie Anzug tragen.

Man beachte die Gerüche (ich hab eine sensible Nase!), die speckigen Säume an den Ärmeln oder - sehr offensichtlich - den Zustand des Laptops. Wie eklig sind doch diese Bildschirme mit den Fingerabdrücken, die fettigen Tastaturen, die unsauberen Plastikgehäuse. Wäh. So einem geb ich nicht mal gern die Hand. Leider kann man bei diesen Leuten generell davon ausgehen, dass ihr Elternhaus nicht viel hergab. Legt man selber wert auf Kinderstube und Hygiene, hält man sich besser fern.

Geiz

Ja, zu guter letzt fiel mir noch der ein - Geiz. Ich weiss nicht, wieso der heute genau ein Dealbreaker ist. Wahrscheinlich, weil Geiz für mich ein Gegenpol von Lebensfreude ist. Wir müssen nicht verschwenderisch sein, um das Leben zu geniessen. Geiz ist eine permanente Beschäftigung des Geistes. Ein Habitus, der immer im Raum steht wie das Rhinozeros auf dem Zehnernötli. Ich hab keine Lust mehr auf Leute, die den Rappen spalten. Jeder darf sparen - es gibt gute Arten wie das geht - und wer mag, kann es zu seinem Hobby machen.

Aber wie bei den Veganern - bitte verschont mich. Ich hab nicht unbedingt Lust, in deine rigide Budgetplanung einbezogen zu werden, schon gar nicht, wenn ich weiss, dass du genau so gut verdienst, wie ich. Das ist lächerlich. Ich erwarte auchnicht, dass jemand meine Rechnung zahlt (ausser beim ersten Date...), aber lasst uns doch dieses kurze Leben geniessen, wenigstens, wenn wir zusammen ausgehen. For f*ç% sake.

Freitag, 7. Februar 2020

Karriere Survival Guide

Oder: Wie man die eigene Karriere unbeschadet übersteht.

Überall werden einem Tipps gegeben, wie man seine Zeit optimiert, sich gut verkauft, ideal kleidet, perfekt benimmt, das hilfreichste Netzwerk aufbaut, die beste Weiterbildung kriegt etc. Ergebnis, wenn's gut läuft: Karriere, Macht, Geld. Wenn's nicht so gut läuft: Burnout, Deppressionen, Dissoziation, Einsamkeit you name it. Hier also mal meine Tipps, wie du dich von deiner Karriere nicht unterkriegen lässt.

1.) Nimm deinen Job nicht zu ernst.

Ja, manche werden jetzt sagen, das ist der beste Weg zur Mittelmässigkeit und der schnellste ins RAV. Nicht unbedingt. Natürlich soll man seine Aufgaben gut und zuverlässig erledigen, proaktiv Vorschläge bringen, teamfähig und diplomatisch sein und so weiter.


ABER man soll nie dem Irrglauben verfallen, man wäre niemand ohne den/einen Job. Oder man wäre unersetzlich. Du bist für deinen Arbeitgeber genauso austauschbar, wie dein Arbeitgeber für dich. Punkt. Es bricht weder eine Welt zusammen, wenn du nicht mehr hier arbeitest, noch, wenn du den Aufgabenbereich komplett verlässt = dich beruflich neu orientierst. Diese Einstellung finde ich überhaupt elementar, damit man sich weiterentwickeln kann (dazu weiter unten mehr).

2.) Pflege ein internes Netzwerk, investiere ins Socializing

Ich erlebte es immer wieder, dass Leute (vor allem Männer), die eine ausgeprägte Nonchalance (genauer: Faulheit, Schlampigkeit, Gleichgültigkeit, Ignoranz) an den Tag legen, trotzdem häufiger be- und gefördert werden, als ihre (meist weiblichen) Kolleginnen, die sich abrackern. Das ist im Endeffekt natürlich schädlich für das jeweilige Unternehmen, aber solange die Chefetagen von (ebenfalls eher homo ökonomicus-) Männern besetzt bleiben, wird es sicher so bleiben. Will man - ob Frau oder Mann - also ein bisschen einfacher Karriere machen, hilft es, viel Zeit mit den Mitarbeitenden zu verbringen (Mittagessen, Apéros, Kaffee-Päuschen) und Meetings eben doch nicht nur nach dem Aspekt der "unbedingten Notwendigkeit, um Sachfragen zu klären" einberufen, sondern auch, um die Schlüsselpersonen wiedermal von Angesicht zu Angesicht getroffen zu haben. Es ist unbezahlbar! Natürlich machst du dich lächerlich, wenn du ein Meeting organisierst, wenn es ein Email getan hätte, aber dann arbeite halt an der Agenda und bezieh die Leute stark ein.

Warum? Beziehungen und "Kollegen-Kuscheln" lohnen sich enorm (rein platonisch!!). Es wertet dich als Mitarbeiter in deiner aktuellen Abteilung auf und sie wird nützlich sein, wenn du dich intern irgendwann auf eine andere Stelle bewirbst oder eine Beförderung möchtest.

3.) Nimm nichts persönlich, das nicht persönlich zu nehmen ist.

So, das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Damit du es besser verstehst, gebe ich dir konkrete Beispiele.

a) Kündigung durch den Arbeitgeber

Die meisten Menschen nehmen gerade eine Kündigung extrem persönlich. Aus meiner langen Karriere weiss ich aber, dass viele (wenn nicht die meisten) Kündigen mehr mit den Umständen der Firma zu tun haben, als mit der Persönlichkeit oder Leistung des Mitarbeitenden. Und selbst WENN der Chef / die Chefin dir kündigt, weil er/sie deine Fresse nicht mehr sehen kann: Fuck them. Nicht deine Schuld.

Meiner Meinung nach passieren die meisten Fehler, die später zur Kündigung führen, bereits im Einstellungsprozess. Wenn man übrigens per se von einem Fehler ausgehen will. Man kann Kündigungen auch einfach als Teil des Spiels sehen - denn wir alle sterben ja auch irgendwann. Den Tod sieht aber niemand als "Systemfehler" an, sondern eher als die Lösung für sehr viele Probleme, die wir ohne ihn hätten.

Trotzdem, manche Kündigungen, vor allem in den ersten drei Jahren einer Anstellung, wären zu vermeiden: Die Stellenbeschreibung entspricht nämlich oft nicht dem effektivem Aufgabenbereich. Warum? Weil sich viele Firmen attraktiver darstellen, als sie sind, um an Fachkräfte zu kommen, die sie sonst nicht kriegen würden. Das hat zur Folge, dass der Mitarbeiter schnell demotiviert ist und sein Potenzial nicht ausschöpfen kann. Kündigt er nicht, muss es (aus Scham und Frust) früher oder später der/die Vorgesetzte tun.

Oder die Firma hat - auch basierend auf der zu attraktiven Stellenbeschreibung - ein zu hohes Gehalt gesprochen und stellt im Nachhinein fest, dass sie sich das doch nicht leisten will oder kann und es ein weniger gut ausgebildeter Angestellter auch tun würde.

Oder die eingestellte Person wurde nicht auf die Fähigkeiten geprüft, die sie benötigt, um die Aufgaben zu bewältigen, die man ihr später gibt - vor allem wenn es dann eben nicht die aus der Stellenbeschreibung sind. Dann heisst es, die Person sei ungeeignet oder zu wenig kompetent oder "nicht genug belastbar". Auch oft gehört: Unkooperativ, weil sie sich - berechtigt - geweigert hat, Arbeiten auszuführen, für die sie nicht angestellt worden ist. Vielleicht gibt es sogar mehrere Tadelgespräche, aber unterm Strich ist das immer noch nicht der Fehler des Mitarbeiters.

Vermeiden kann man obige Situationen übrigens nur mit viel Erfahrung und geschicktem Nachfragen in den Vorstellungsgesprächen. Und auch dann hat man keine Garantie, dass man ehrliche Antworten erhält. Auf keinen Fall sollte man sich aber von so einer Kündigung runterziehen lassen.

Übrigens: Kündigungen aufgrund schlechten Geschäftsganges werden häufig verschleiert. 
Kein Witz! Gerade KMUs kündigen in problematischen Phasen Mitarbeitenden unter Angabe falscher Gründe, weil nicht riskiert werden will, dass bekannt wird, dass es der Firma schlecht geht. Das ist sehr unfair dem Mitarbeiter gegenüber, aber leider gängige Praxis. Zuerst entledigen sich Firmen den teuren Mitarbeitenden (Kader), den Neuen (da noch nicht viel Know-How gesammelt), den leicht Ersetzbaren und denen, die keinen direkten Umsatz bringen / nicht am Kunden arbeiten. Das eigene Image ist ihnen also wichtiger, als die Psychohygiene der Gekündigten. Bezeichnend! Rächt sich aber heutzutage auf kununu.ch. Die Leute sind ja nicht blöd.

b) Übertriebene Kritik

Wird man für eine Kleinigkeit, ein Versehen, einen Flüchtigkeitsfehler oder gar für eine marginale "Unterlassungshandlung" übertrieben kritisiert, hat das meistens etwas mit mangelnder Führungsqualität der Vorgesetzten zu tun. Man merkt es auch daran, dass man auf der andern Seite von dieser Person auch kaum Anerkennung für gute Leistung erhält.

Fehler passieren und wenn sie sich nicht dauernd wiederholen, wenn der Mitarbeiter daraus lernt und man sieht, dass er Fehler zu vermeiden sucht, dann sollte es okay sein. Als Vorgesetzter sollte man viel eher dafür sorgen, dass Prozesse etabliert werden, mit denen sich Fehler vermeiden lassen (vier-Augen-Prinzip, Qualitätssicherung, regelmässige Reviews, ausreichend Ressourcen, Stellvertreterregelungen etc.) und Fehler grundsätzlich als normal deklarieren ("positive Fehlerkultur"). Hat man es mit so einem/einer Chef/in zu tun, lohnt es sich unter Umständen, selber für die Prozesse zu sorgen, die er/sie nicht hinkriegt. Man erweist damit nicht nur sich selbst einen Gefallen.

c) Anfeindungen aus Neid und Missgunst

Ich hab es lange nicht verstanden, wieso mich gewisse Leute (Frauen wie Männer) ohne ersichtlichen Grund praktisch von Anfang an anfeindeten, dumme Sprüche klopften oder über mich lästerten. Dass sie neidisch waren, ist mir lange nicht in den Sinn gekommen. Ich neige selber nicht dazu, mich mit andern zu vergleichen. Viele Leute tun das aber. Entgegenwirken kannst du mit Socializing (siehe oben). Versuche aber nicht, sie gefällig zu stimmen, indem du ihnen eine Vorzugsbehandlung zukommen lässt. Das würde nämlich bedeuten, dass ihr inakzeptables Verhalten auch noch belohnt wird, sprich funktioniert. Damit werden sie darin nur noch bestärkt. Ich rate, allen Kolleginnen und Kollegen regelmässig "Strokes" auszuteilen, und zwar am wirksamsten in Teammeetings. Ein klassischer Stroke ist zum Beispiel: "Ich sehe das gleich wie XY." Oder: "XY hat recht mit..." Oder: "Ich finde XYs Vorschlag gut, weil..." Das geht runter wie Öl und kostet dich überhaupt nichts.

Wenn du ihre Anfeindungen hingegen persönlich nimmst, bewegt ihr euch alle in der Abwärtsspirale aus falschen Vorstellungen, antizipierten Enttäuschungen und Frust. Muss aber auch gesagt sein: Bei manchen Leuten ist einfach Hopfen und Malz verloren. Die sind unzufrieden mit sich selber, ihrem Leben, und hassen einfach alles und jeden. Halte dich von denen nach Möglichkeit fern, sie sind toxisch.


4.) Pflege ein externes Netzwerk

Eine Kündigung kann auch aus heiterem Himmel kommen. Gerade, weil viele Firmen es laaaange verschleiern, dass es ihnen schlecht geht, aus Angst, ihnen würden sonst die guten Leute abspringen (alles schon erlebt, auch aus der Perspektive der frühzeitig Eingeweihten und zu Stillschweigen verdammten). In diesem Moment wirst du einfach froh sein, wenn du ein Netzwerk ausserhalb der Firma hast. Sei das nun zu Headhuntern, zu Leuten, die ähnliche Jobs wie du in andern Firmen haben etc. Ich habe bei solchen Leuten oft beobachtet, dass sie dann ganz offen mit ihrem Jobwechsel umgegangen sind und über LinkedIN oder XING oder Facebook publik gemacht haben, dass sie etwas neues suchen. Braucht aber Eier. Nicht jeder geht so offen mit einem Jobverlust um, und das ist verständlich, da er immer noch stark stigmatisiert.

5.) Pflege dein Privatleben

Dein Job ist nicht alles. Deine Gesundheit und dein privates Glück sind wichtiger. Pflege dich. Früher war es so, dass man sich mit "seiner" Firma identifizierte. Manche Leute arbeiteten 20, 30 Jahre oder länger dort - von der Lehre bis zur Pensionierung - aber in der heutigen Arbeitswelt muss man darauf achten, dem Job nicht zuviel Bedeutung zuzumessen. Zumindest nicht als unselbständig Erwerbender. Meiner Meinung nach könnte darum auch die "Gig Economy" Chancen bergen für uns alle - die Arbeitgeber, weil sie dazu gezwungen werden, Leistung statt Sitzleder zu honorieren - und für Arbeitnehmer, weil häufige "Jobwechsel" entstigmatisiert werden. Unterm Strich könnten wir alle - wenn wir es richtig angehen - sehr viel mehr Zeit für uns und unsere Liebsten gewinnen.

Solange man wie die meisten noch seine acht, neun, zehn... Stunden pro Tag "absitzen" muss, dann noch einen mehr oder weniger weiten Arbeitsweg zu bewältigen hat, und so nur minim Einfluss auf seine Zeit behält, so lange sollte man sehr bewusst mit seiner Freizeit und seinem Privatleben umgehen. Irgendwann wird es besser, bin ich sicher. Wir haben die Technologie, jetzt fehlt nur noch die richtige Arbeitskultur.


6.) Entwickle Dich weiter

Du tust niemandem einen Gefallen, wenn du nicht kritisch hinterfragst, ob dir deine Arbeit, dein Team, deine Firma noch gefällt und ob du nicht gerne eine Veränderung oder eine Weiter-/Ausbildung machen möchtest. Andere mögliche Entwicklungen, die der Balance förderlich sind, können mehr privater Natur sein: Vereinsarbeit, politische Arbeit, Lehrtätigkeit, Mentorship etc.


Vermeide es einfach, stehen zu bleiben. Das hat, ob es dir bewusst wird oder nicht, meistens einen sehr negativen Einfluss auf deine Arbeit, denn du wirst unflexibler und begegnest Änderung, die von aussen kommt, skeptisch oder gar negativ, satt sie freudig als Chance zu betrachten.

7.) Versuch wenigstens einmal in deinem Leben ein Standbein in der Selbständigkeit 

Was die Arbeitgeber von gestern noch nicht hinkriegen, schaffst du vielleicht als Selbständige/r von heute / morgen? In einem anderen Post werde ich einen Guide publizieren, wie man sich neben einem (Teilzeit-)Job selbständig machen kann oder wie man nicht mehr nur von einem Arbeitgeber abhängig ist, sondern mehrere "Gigs" zugleich hat (siehe auch "Sharing Economy", Wikpedia, Englisch). In der Zwischenzeit lies doch den Klassiker zu diesem Thema, "Die vier Stunden Arbeitswoche" von Tim Ferris.


Viel Erfolg.





Donnerstag, 6. Februar 2020

Dichtestress - was tun?

Ein Thema, das mich seit geraumer Zeit beschäftigt, und immer belastender wird, ist der Dichtestress. Junge Leute, sprich die heutigen Teenager und Twens, dürften sich erst gar nicht mehr an die Zeit erinnern, in der es Dichtestress noch gar nicht gab. Und da dies ein tendenziell "neues" Problem in der Schweiz ist, gibt es noch wenige Gegenstrategien.

Ursachen - woher rührt der Dichtestress?


Nun, die Ursachen liegen natürlich auf der Hand. Hatten wir im Jahr 1960 noch 5.4 Millionen Einwohner in der Schweiz, sind es heute annähhernd 9 Millionen. Ein Wachstum um 3.6 Millionen oder 66%.


Betrachtet man die Statistik der Anzahl total zugelassener Personenwagen in der Schweiz, erkennt man den Grund für Verkehrsüberlastung - waren 1960 noch knapp 500'000 Autos auf den Strassen, sind es heute über 4.5 Millionen. Heisst, dass durchschnittlich mehr als jeder zweite / jede zweite ein Auto besitzt, 1960 war es nur jeder Fünfte!

Anzahl zugelassene Personenwagen in der Schweiz

Bedenkt man nun, dass im ungefähr gleichen Zeitraum die Infrastruktur nur von 700km auf 1800km ausgebaut wurde - und anfänglich überhaupt nicht auf motorisierten, nationalen Verkehr ausgelegt war - und seit Jahren in einer veritablen Sackgasse steckt (die Autobahnen auf entscheidenden Strecken wie Bern-Zürich werden trotz Dauerstau nicht auf sechs oder acht Spuren verbreitert), sind Verkehrsstaus vorprogrammiert.

 

Bezeichnend ist auch die Entwicklung der Staustunden in der Schweiz. Dazu das Zitat des Bundesamtes für Statistik: "2018 wurden auf den schweizerischen Nationalstrassen 25 366 Staustunden registriert. Im Vergleich mit 2009 kommt dies einer Verdoppelung gleich, wobei in erster Linie die Staus wegen Verkehrsüberlastungen zugenommen haben."


Und obige Grafik zeigt nicht einmal, dass vor dem Jahr 2000 noch so ziemlich alles in Ordnung war. Es ist auch sehr logisch, wenn man die Grafik der Staustunden und die Grafik der Nationalstrassenlänge ab dem Jahr 200 vergleicht: Es gab kaum eine Entwicklung in der Nationalstrassenlänge, die Bevölkerung wuchs aber im selben Zeitraum von 7.2 auf 8.8 Millionen, die Anzahl zugelassener Fahrzeuge wuchs um 30% oder eine Million (!) von 3.5 auf 4.5 Millionen! Und hiermit ist die Entwicklung des kommerziellen Verkehrs (Lastwagen, Kleinlieferwagen etc.) noch nicht einmal berücksichtigt!

Hence - Dichtestress, wir leiden seit 2009 deutlich darunter


Ich bin kein Statistik- oder Verkehrsprofi, aber wenn ich die Hinweise gesamthaft betrachte, dann hat wohl anfänglich eine vom Bürger zwangsläufig initiierte "Bewegungsmuster-Optimierung" stattgefunden. Heisst, wir haben die Mängel der Infrastruktur durch angepasstes Verhalten kompensiert. Ein Teil dürfte erst auf Öffentlichen Verkehr umgestiegen sein oder hat sich vielleicht eine Stelle in der Nähe des Wohnortes gesucht oder umgekehrt, um nicht all zu weit fahren zu müssen. Ich meine - hat das denn irgendwer nicht? Aber irgendwann war es dann einfach zuviel, so wie es aussieht, spätestens ab 2009 (4 Millionen Fahrzeuge auf den Strassen):


Google Trends Thema: "Dichtestress"

 2014 gab es vermutlich einige Grossbaustellen, die massiv Verkehrsstau auslösten:


Google Trends Thema "Verkehrsstau"

Traurigerweise hat sich die Situation seither nicht mehr verbessert und blieb auf hohem Niveau schlecht.

Auf die Situation im ÖV gehe ich jetzt nicht ein, aber die Statistiken wären hier beim Bundesamt für Statistik Schweiz. Gesamthaft hat sich die Anzahl Pendler in der Schweiz zwischen 1980 und heute verdoppelt - von 2 Mio auf 4 Mio.




Was tun gegen Dichtestress?


Es gäbe meiner Meinung nach ganz einfache Lösungen, die noch dazu auf der Hand liegen.

Lösung 1: Telearbeit

Die Ursache vom Dichtestress sind zu 99% die Berufspendler. Sieht man ja schön, wenn man an einem Sonntagvormittag dieselbe Strecke bewältigt, wie an einem Montag um 7:30 Uhr. Erlaubt man als Arbeitgeberin nun Telearbeit statt Präsenzarbeit, reduziert / eliminiert man einen guten Teil des Pendelverkehrs. Einige Grosskonzerne in der Schweiz haben das Problem schon erkannt und setzen aktiv auf dieses Arbeitsmodell. So hat Swiss Re am 2018 eröffneten neuen Sitz in Zürich bewusst weniger Arbeitsplätze als Beschäftigte geschaffen und die Angestellten explizit aufgefordert, auch von zuhause aus zu arbeiten.



Dies bedingt natürlich einen krassen Kulturwechsel in den Chefetagen. Und natürlich darf der Stöffel vom Controlling jetzt auch nicht Büechli führen, wer wann wie lange am Platz war. Es geht neu darum, die Leistung der Leute zu bewerten, nicht ihre Präsenzzeit. Das ist eine Herausforderung. Als in meinen Augen sehr leistungsstarke Frau sehe ich es aber nicht nur für die Entlastung des Strassen- und ÖV-Netzes als Riesenchance. Beurteilt man nämlich alle Arbeitnehmenden nach ihrer Leistung - und dazu wird man Methoden entwickeln - wird endlich auch sichtbar, welches die echten Performer sind, und wer vor allem Sitzleder und Pausenklatsch pflegt. Das wird Teilzeit arbeitenden Müttern extrem zu gute kommen (siehe auch meinen Beitrag "Teilzeitstrategien").

Für die Einzelnen bedeutet Telearbeit auch, wieder mehr von seinem Zuhause zu haben, mehr Zeit mit der Familie oder Hobbies verbringen zu können und vor allem: Weniger Zeit in sinnlosen Staus!

2. Coworking-Spaces und Satelliten-Büros

Solange die Videokonferenz oder VR-Konferenz-Technik noch nicht überall auf sehr hohem Niveau etabliert ist, sprich - man hat Einschränkungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation - solange wird Telearbeit die Präsenzarbeit (Meetings, Workshops, Flurgespräche) nie wirklich ersetzen können. Darum sollten Firmen wenn möglich Co-Working Spaces bilden, jedoch nicht nur in Stadtzentren. Erstens löst das das Pendlerproblem überhaupt nicht (keine Parkplätze, viel Dichtestress), zweitens benachteiligt man da alle, die in Agglomerationen oder auf dem Land wohnen.

Satelliten-Büros ergänzen zentrale Coworking-Spaces. An verkehrstechnisch für "Auswärtige" günstigen Knotenpunkten, sprich leicht erreichbar, mit Parkplätzen etc. stellt die Firma Sitzungsräume, flexible Arbeitsplätze und Treff-Zonen zur Verfügung.

3. Fragmentierte Anstellungen / Teilzeitarbeit / Mehrfachbeschäftigung

Hinterfragen muss man heute meiner Meinung nach auch die Forderung nach unbedingter Loyalität zu einem einzigen Arbeitgeber. Die Grundhaltung ist heute meistens noch: Du hast Dich Deinem Arbeitgeber zu 100% zu verpflichten. Alles, was Du daneben tust, hast Du uns zu melden / müssen wir Dir erlauben. Wir schreiben zudem eine Konkurrenzklausel in Deinen Arbeitsvertrag, damit Du ja nicht auf die Idee kommst, Dich noch woanders zu engagieren. Das ist nicht zeitgemäss und repressiv.

Zudem ist es in vielerlei Hinsicht ein Riesenproblem

Erstens wird fast jeder Job, ob Vollzeit oder nicht, nach zwei Jahren etwas langweilig. Man hat alles schon einmal gemacht, es ergibt sich so gut wie nie die Möglichkeit, sich intern zu verändern oder gar weiterzuentwickeln. Nur in Grosskonzernen kommen Job-verändernde Beförderungen überhaupt vor. Die meisten Leute sind so bald mal demotiviert und werden ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen. Zweitens: Kriegt man von diesem Arbeitgeber die Kündigung, aus welchen Gründen auch immer, steht man gleich auf Null und muss zum RAV.

Hat man hingegen mehrere Teilzeitstellen (wie Mandate bei Selbständigen), ist man als Arbeitnehmer flexibler, hat mehr Abwechslung und verliert man eine Stelle, hat man immernoch die andere. In Zeiten, in denen mit dem "Humankapital" immer sorgloser umgegangen wird (Reorgs, Massenentlassungen, Standortverschiebungen) sollte den Direktbetroffenen, dem "Humankapital", auch mehr Flexibilität zugesprochen werden. Und damit meine ich nicht das Darüberhinwegschauen, wenn einer alle zwei Jahre die Stelle wechselt. Das ist keine Lösung, das ist Kopf in den Sand stecken.

Denn seien wir ehrlich: Motivierte Mitarbeitende, die auch noch ausserhalb ihres Betriebes Erfahrungen sammeln, sind doch den abgelöschten Sesselklebern und Jobhoppern vorzuziehen, oder? Leider muss in der Schweiz von Seiten Gesetzgeber noch nachgebessert werden, denn die Voraussetzungen für Mehrfachbeschäftigung ohne eigene Firma sind noch nicht gegeben. Und nicht jede/r möchte eine eigene Firma gründen, denn das ist mit einem grossen administrativen Aufwand - Buchhaltung, MwSt, Versicherungen, Vorsorge etc. verbunden (Danke, Bund!!).

Übrigens bin ich aus genau diesen Gründen gegen den Koordinationsabzug bei der AHV und für die freie Pensionskassenwahl. Beides ist nicht mehr zeitgemäss und absolut nicht im Interesse von Arbeitnehmenden.


Zusammenfassung

Man kann die negativen (auch gesundheitlich schädigenden) Auswirkungen von Dichtestress nicht so entgegenwirken, dass man die Pendlerströme und -zeiten meidet. Diesen Spielraum haben wir schon lange ausgereizt. Auch bauliche Massnahmen wie der Ausbau vom Strassen- und Schienennetz werden in den nächsten zwanzig Jahren keine Linderung bringen.

Viel schneller kann man und wird man meiner Meinung nach die Arbeitsmodelle anpassen. Und damit kann jede/r von uns heute anfangen, indem man im Büro einfach mal Homeoffice verlangt. Einfach mal ausprobieren statt aus Prinzip dagegen sein. Wenn die Firma dabeibleiben will und Talente anziehen will, dann muss sie mit der Zeit gehen und sowohl Teilzeitarbeit als auch Homeoffice ermöglichen. Konsequent. Und man darf die Leute dann eben nicht nach ihrer Präsenzzeit - was im Homeoffice dem Skype Status "online" entspricht - beurteilen, sondern nach dem, was sie liefern. Nicht mehr, nicht weniger.