Mittwoch, 2. August 2017

Was tun mit einem Micromanager-Chef und seinem Aktivismus?

Es gibt den Typ Chef, der ist Micromanager. Meistens sind Micromanager Perfektionisten und tendieren zum Aktivismus. Immer aber sind sie unsichere Persönlichkeiten, die Angst vor dem Unkontrollierbaren haben. Wie man mit Micromanagern am besten umgeht, beschreibe ich im heutigen Post. Eine Tasse Tee passt übrigens gut jetzt. ;-)



Definition Micromanager

Ein Mikromanager ist eine Führungskraft, die sich sehr viel mit Einzelheiten eines von seinen Mitarbeitern oder Kollegen zu lösenden Problems beschäftigt. (Wikipedia)

Besonders stark betroffen vom Micromanager sind natürlich seine Direktunterstellten. Die können sich schlechter abgrenzen, als etwa ein gleichrangiger Kollege. Trotzdem sind Micromanager in alle Richtungen schwierig: Der Chef des Micromanagers schlägt sich mit übermässig vielen Rückfragen und "Save-my-Ass" E-Mails herum. Die gleichrangigen Kollegen ecken beim andersartigen Arbeitsrhythmus und Kommunikationsstil an. Die Stabsfunktionen schliesslich, wie z.B. Human Resources, leiden mit dem Micromanager unter komplizierteren Abläufen und oft markant höherer Fluktuation. Denn auf Dauer halten es nicht viele mit Micromanagern aus, vor allem nicht als Chef. Micromanager verursachen Mehrarbeit, Zeitverlust, "Ehrenrunden" und Frustration. Und dies, obwohl sie es in aller Regel einfach nur "richtig" machen wollen.

Definition Aktivismus

 
Damit ist nicht politischer Aktivismus gemeint, sondern die Tendenz, sinnlose Tätigkeiten auszuführen oder von seinen Mitarbeitenden ausführen zu lassen. Häufig treiben Micromanager ihre Leute zu Aktivismus. Ein Klassiker: Sie erinnern dich vor Ablauf einer Frist daran, dass die Frist bald abläuft. Damit macht sich niemand beliebt, aber dem Micromanager ist das egal. Hauptsache, man eliminiert das Risiko, die heilige Deadline zu verpassen.

Fast jeder Micromanager betreibt Aktivismus.

Was hat der Micromanager eigentlich für ein Problem? 

Werden sich viele fragen, die mit der Spezies zum ersten Mal in Kontakt kommen. Leider hat er nicht nur eins, seine Probleme sind vielfältig:

  • Fehlendes Vertrauen in die Fähigkeit anderer Leute. So grundsätzlich.
  • Kontrollsucht / Machthunger: Micromanager fühlen sich gerne unentbehrlich und wichtig. Wenn sie andere befähigen würden, könnten sie selbst überflüssig werden. So ihre Angst.
  • Narzissmus / Fehlerlosigkeit: Sie denken, sie können es besser. Sie denken, sie seien grundsätzlich überlegen und wollen am liebsten alles selbst erledigen.


Recherchiert man so im Netz, was man gegen Micromanager unternehmen kann, wird einem geraten, man soll behutsam auf sie eingehen. Zum Beispiel "overachieven". Heisst, ihnen keinen Grund geben, an einem zu zweifeln oder einen übermässig zu kontrollieren. Man soll dem Micromanager proaktiv alle Infos zuspielen, die er braucht, um sein Micromanagement-Bedürfnis zu befriedigen. Und man soll sich unbedingt penibel an die Regeln halten (auch wenn das NIEMAND anderes tut). Erst wenn es gaaaaaaaaaaaaaar nicht anders geht, soll man das Gespräch - oder vielleicht gleich einen neuen Job - suchen. Aauf gaaaar keinen Fall soll man den Micromanager Micromanager nennen. 

Ich denke, die meisten dieser Artikel wurden von einem Micromanagern verfasst. :-) Darum taucht auch häufig die Frage an den Leser auf: Kann es sein, dass du selber schuld bist, dass du gemicromanaged wirst? Machst du zu viele Fehler? Arbeitest du unselbständig?

Könnte natürlich sein. Meiner Erfahrung nach micromanagen Micromanager aber auch hoch performante, erfahrene, selbständige Leute, rauben ihnen dadurch den letzten Nerv und mobben sie schlimmstenfalls aus der Firma.

Was kann man also tun?

 

Die erwähnten Artikel zielen alle auf eine Verhaltensänderung der Betroffenen, nicht des Micromanagers. Ich finde das falsch. Das ist, wie wenn alle mit schusssicheren Westen herumlaufen würden, weil einem erlaubt ist, wahllos in der Gegend herum zu ballern. Wenn man es nicht schafft, sich anderweitig vom Micromanager abzugrenzen - sich befördern lassen wäre eine Möglichkeit, das Team wechseln eine andere - dann hätte ich hier ein paar Tipps:

1. Habe ein ehrliches Gespräch mit dem Micromanager


In einem ehrlichen Gespräch unter vier Augen musst du klar festhalten, dass du erkannt hast, dass dein Chef / deine Chefin ein Micromanager ist. Bringe drei Beispiele und halte weitere zehn bereit, falls er / sie die nicht gelten lässt. (Ja, zehn, drei wird er auf die leichte Schulter nehmen, zehn nicht.) Hoffe, dass er nicht alle hören will. Falls doch, erzähle sie ruhig und sachlich. Reg dich nicht auf.

Diese Aufzählung soll dazu führen, dass der Micromanager zugibt, dass er micromanaged. Mach ihm klar, dass du so nicht dein volles Potenzial ausschöpfen kannst und unter fortschreitender Demotivation leidest.


Versichere ihm aber, dass du hinter den Zielen der Abteilung und vor allem der Firma stehst. Betone wann immer es geht die Unternehmensziele, nicht die seiner Abteilung, denn ihm soll klar werden, dass du für die Firma arbeitest, nicht für seine Person. Betone, dass du dein Bestes gibst, die Ziele der Firma zu erreichen, er es dir aber mit seinem Micromanagement schwer macht.

Falls du bereits Jahresziele hast und einige Meilensteine erreicht hast, lege dies jetzt dar und frage konkret, ob dein Chef / deine Chefin in deiner bisherigen Leistungen irgendeinen Grund sieht, dich zu micromanagen.

Falls ja, behandle den Einwand. Halte dich dabei unbedingt an die Fakten! Jeder macht Fehler, steh z deinen. Zeige aber die Verhältnismässigkeit - respektive den Mangel daran - zu den positiven Ergebnissen auf.

Es kann sein, dass der Micromanager einsieht, dass er (tendenziell) falsch gehandelt hat, jeodoch jetzt behauptet, er könne gar nicht anders. In dem Falle sag ihm, dass ihr das gemeinsam versuchen werdet. Und bleib hart. Es zu versuchen oder nicht, ist jetzt nicht mehr allein seine Entscheidung. Dass er es bisher nicht versucht hat, ist Tatsache. Jetzt muss sich etwas ändern.

Fordere den Micromanager auf, dich in Zukunft nicht mehr zu micromanagen und operationalisiere diese Forderung. Etwa so: Ihr hattet bis jetzt jeden Montag ein einstündiges bilaterales Meeting und jeden Freitag musstest du eine halbe Seite Statusreport zu allen Tasks schicken. Neu wird es nur noch alle zwei Wochen eine halbe Stunde bilaterales Meeting geben, welches den Statusreport ersetzt. WENN NÖTIG. Sonst nicht. Und nötig heisst, es gibt etwas zu besprechen / entscheiden.

Wenn der Micromanager den Status eines bestimmten Tasks zwischenzeitlich dringend wissen muss, soll er / sie nachfragen. Es soll möglichst ein Holen seinerseits statt ein institutionalisiertes Bringen deinerseits werden. Denn so ist er immer in der Erklärungsnot, wenn er ab jetzt micromanaged / alles nachkontrolliert.

Behalte dir ausdrücklich das Recht vor, ihn in Zukunft sofort darauf hin zu weisen, wenn er wieder micromanaged. Ihr könnt dafür auch ein Handzeichen vereinbaren, falls ihm das lieber ist. Ziel bei all dem ist, dass bei ihm ein Bewusstsein für sein Fehlverhalten entsteht. Bislang war sein Verhalten für ihn der Goldstandard.

2. Setze deine Forderungen konsequent durch, hake notfalls beim HR nach

Weil, es ist so - langfristig willst du nicht für einen Micromanager arbeiten. Also entweder, er / sie ändert sich, oder du wechselst. Bevor du aber das Handtuch wirfst, gib der Person Zeit, sich zu ändern. Es kommt tatsächlich vor, dass Micromanager nicht merken, dass sie Micromanagen (hier im Artikel zu unterst ein Beispiel). Oft kriegen sie bei Mitarbeiterumfragen brutal schlechte Bewertungen und sind dann total überrascht.


Wenn sich drei, vier Monaten nach eurem Gespräch keine signifikante Besserung eingestellt hat, solltest du dich vertrauensvoll ans HR wenden. HR Abteilungen sind in aller Regel nutzlos, wenn es um persönliche Konflikte wie diesen geht. Sie hassen es, zu schlichten oder Lösungen zu finden. Deshalb erwarte keine Unterstützung von HR, sondern fahre die "Save my Ass" Taktik deinerseits. Beschränke dich darauf, HR korrekt über das Problem zu informieren. Auch darüber, was du bereits unternommen hast und was du und dein Chef eigentlich vereinbart habt. Sag ihnen dann freundlich aber klar, dass sich leider nichts verändert hat in den drei Monaten und dass du der Sache noch zwei weitere Monate gibst, bevor du deinerseits "weitere Optionen" prüfen musst. Die Rede ist von einem Wechsel deinerseits.

HR mag keine Wechsel, denn sie bedeuten Arbeit. HR muss wieder rekrutieren. Wenn es beim Micromanager schon viele Wechsel (aus bekanntem Grund) gegeben hat, schickt HR ihn eventuell in ein Management-Training.

Oft bringen solche Kurse übrigens tatsächlich was, denn dem Micromanager wird dort endlich klar, dass sein Fehlverhalten kein Kavaliersdelikt ist. Er trifft auch auf andere, die aufgrund dieser Probleme in die "Besserungsanstalt" geschickt wurden. 


3. Letzte Möglichkeit: Gehe zum Chef des Micromanagers

Auch möglich ist es, theoretisch, den Chef des Micromanagers in die Pflicht zu nehmen. Er hat diese Person schliesslich in eine Führungsrolle befördert und ist mit schuld daran, dass es jetzt nicht funktioniert. Diese Taktik ist allerdings heikel: Wenn der Chef des Micromanager Bosses dich weniger schätzt oder braucht, als den Micromanager, bist du deinen Job bald los. 

Es kann auch sein, dass der Boss deines Bosses gar nicht weiss, was du alles leistest, weil der Micromanager deine Erfolge als seine eigenen verkauft hat. Das tun sie oft, denn aufgrund ihrer Kontrollsucht schaffen sie es nicht, eigene Leistungen zu generieren, und müssen sich mit anderer Leute Federn schmücken. Sprich die ihres Teams.

Wichtig ist daher, dass du dafür sorgst, dass deine Leistung sichtbar ist, lange bevor du dich beschwerst. Wie man seine Leistung sichtbar macht, beschreibe ich in einem anderen Post. Das ist eine Wissenschaft für sich, und gerade für Frauen elementar, um im Beruf forwärts zu kommen.

Wenn du Konfronation grundsätzlich nicht magst, dann würde ich dir empfehlen, intern oder extern zu wechseln. Es ist nicht deine Pflicht, andere Menschen zu ändern und ich persönlich verstehe jeden sehr gut, der sich den Stress nicht antun will.

Keep calm and move on. Viel Glück!

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