Montag, 9. Oktober 2017

Wie man Glück nicht mit Geld verwechselt

Zunächst mal: Das Leben ist zu kurz, um es auf die Erwartungshaltung anderer auszurichten. Wer glücklich werden und bleiben möchte, soll sich daher allein an seinen eigenen Zielen, Interessen, Träumen und Talenten orientieren. Die Kernfrage ist also:


Was ist es, das Du wirklich willst?





Die wesentlichste Verbesserung erreichst Du damit, dass Du Dir darüber klar wirst was Du willst, und vielleicht ebenso wichtig, was nicht, und Denken und Handeln darauf fokussierst. So kannst Du aufhören, Dein Leben mit einer Tätigkeit zu verschwenden, die Du nicht liebst, die Dich nicht erfüllt. Oder umgeben von Menschen, die Dich runterziehen.

Es gibt immer Gründe, etwas nicht zu tun. Es mangelt auch oft an der Motivation, den Weg zu beschreiten, der dorthin führt, wo wir wirklich hinwollen. Dieser Weg ist hürdenreich. Und kaum einer glaubt an Dich. Und natürlich ist die häufigste Ausrede das Geld. 

Statt eines philosophischen Texts liste ich hier heute die kleinen, machbaren Schritte auf, die mir geholfen haben, mich selbst kontinuierlich in die richtige Richtung zu entwickeln - meine Richtung.



1.) Erfasse die IST Situation


Zeit. Ganz ehrlich: Womit verbringst Du Deine Zeit? 
Notier eine Woche lang, womit Du Deine Stunden füllst. Benutze Kategorien. Von wann bis wann schläfst Du? Wie lange liest Du die Zeitung oder surfst herum? Wie viele Stunden bist Du genau im Büro und auf dem Weg dahin? Wie viel Zeit investierst Du in die Kinderbetreuung und den Haushalt? Wie lange ist Deine Mittagspause? Wie viele Stunden siehst Du abends fern? Wie viel Zeit widmest Du Ausgehen, Einkaufen, Freunden? 

Es geht nicht darum, dass Du Dich nachher schlecht oder schuldig fühlst, sondern, dass Du genau siehst, aus was für Stunden Dein Leben heute besteht.

Geld - KostenErfasse ab heute tabellarisch die Ausgaben, die Du hast. Versuche anhand von Kreditkarten- und Bankauszügen die einzelnen Ausgaben in dieselben Kategorien einzuteilen, die Du für die Zeit-Einträge (oben) verwendest (z.B. Wohnen = Miete, TV, Telefon, Essensausgaben, Krankenversicherung. Sozialse = Ausgehen, Restaurants, Geschenke, Fitness. Arbeit = ÖV-Abo / Auto, Parkplatz, Büro-Garderobe, Kantine, Parkgebühren, Lektüre.) Notiere unter "Steuern" die jährlichen Einkommens- und Vermögenssteuern.

Geld - Einnahmen: Setze in einer weiteren Spalte die Einnahmen ein. Gehalt aus Arbeit, Kaptialgewinn aus Vermögen, sonstige Einnahmen (z.B. Nebenjobs, Alimente o.ä.).

Die Differenz - in einer weiteren Spalte errechnest Du die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben. Beim Schlafen wird das ergo ein Minusbetrag. :-) 

Ausserdem schaffe zuunterst ein Total aus Zeit, Einnahmen, Ausgaben und der Differenz. Dividiere den Kosten-/Einnahmen-Überschuss durch die Zeit. Der Wert sagt Dir aus, wie viel Du mit einer Stunde Deines Lebens verdienst... oder verlierst. Bei vielen Menschen ist das Ergebnis eine glatte null - sie geben so viel aus, wie sie einnehmen. Aber egal, was bei Dir heute resultiert - ein positiver Betrag oder ein negativer - ein entscheidender Faktor fehlt in dieser Analyse... Glück.


2.) Multipliziere mit Glück


Da Geld Deine Ausrede ist, nicht zu sein, wer Du gern wärst, weisst Du jetzt zumindest exakt, wie viel Zeit Dein Geld kostet und wie viel Geld Deine Zeit kostet. Ganz neutral.



Nun hat das aber noch nicht viel Aussagekraft über die Qualität Deines Lebens. Dazu fehlt noch der entscheidende Faktor: Glück. Wie viel Glück bringt Dir jede dieser Kategorien? Setze zu jeder also einen Glücks-Faktor von null = macht mich unglücklich, eins = ist mir egal oder zwei = macht mich glücklich.

Ein Beispiel:
Nehmen wir an, eine Stunde der Kategorie "Arbeit" bringt Dir 25.- aber 0 Glück... 10 Stunden Zeit mal 25.- mal 0 ist immer noch 0.
Anders: Eine Stunde mit Deinem Kind kostet Dich -10.- aber bringt 3 Glück. Das heisst, netto kostet Dich diese Stunde 30.- 
Unterm Strich hast Du 30.- verloren. Ideal wäre eine Arbeit, die Dir mindestens 2 Glück bringt. Dann hättest Du 20.- gewonnen und wärst ingesamt ZIEMLICH glücklich. :)

3.) Erstelle eine erste SOLL Situation


Warum "eine erste" und nicht "die"? Weil es "die" nicht gibt. Meine Erfahrung ist, dass man sich seinem selbstbestimmten Ich in Schritten nähert, vor allem, wenn man so lange fremdbestimmt war, wie die meisten von uns.

Was die SOLL Situation beschreibt:

  • ...in was Du den Löwenanteil Deiner Zeit investieren würdest, wenn Geld keine Rolle spielen würde.
  • ...wo Du leben würdest,  wenn Geld keine Rolle spielen würde.
  • ...wen oder was Du dabei gerne um Dich hättest, wenn Geld keine Rolle spielen würde.
  • ...was Du noch lernen, sehen, tun würdest, wenn Geld keine Rolle spielen würde.

Check: Jeden Punkt auf Deiner SOLL-Liste würdest Du mit einem Glücksfaktor "2" bewerten. Wenn dem nicht so sein sollte, gehört der Punkt nicht auf diese Liste.

4.) Berechne die Kosten für das Leben, das Du gerne hättest.



Es ist weniger, als Du denkst. Ich kenne Deinen Traum nicht, aber es ist Fakt: Glück ist nicht so teuer, wie man denkt. Glück bringen die kleinen Dinge - im Garten arbeiten, mit den Kindern etwas unternehmen, eine Reise machen, selbständig sein...
Stelle die Kosten für diese Glücks-Tätigkeiten übers Jahr detailliert auf, damit Du ein Gefühl dafür kriegst, wie viel Geld Dein Glück kostet.

5.) Konsolidiere

Was jeder gute Unternehmer immer wieder tut, vernachlässigen wir für uns selbst: Dinge aufgeben, die einem zu wenig einbringen, Dinge anpeilen und aufnehmen, die uns wirklich gut tun. Was für die Unternehmen Geld ist, ist bei uns Glück (siehe oben).

So. Vielleicht ist das hier Jeanne-Logik, aber für mich macht das wenig Sinn. =) Die Frage ist doch: Wie generiere ich Glück aus dem Geld und der Zeit, die ich habe? 

So gesehen wird die Antwort einfach:
Ich verschiebe die Zeit, die ich für Kategorien mit tiefem Glücksfaktor verwende, in solche mit hohem Glücksfaktor. Fange mit den Stunden an, die kein Geld generieren, also allen ausser der eigentlichen, produktiven Arbeitszeit. Du wirst sehen, dass Dir plötzlich sehr viel Zeit zur Verfügung steht.

"Um das zu tun, was ich möchte, und dort zu leben, wo ich möchte, müsste ich meine Arbeitsstelle aber aufgeben."

Ja, das trifft auf die meisten von uns zu und genau an dem Punkt scheitern 99% auf dem Weg zu einer selbstbestimmten, glücklichen Existenz. Tim Ferris rät in seinem Buch "The 4 hour work-week", zunächst nebenbei ein zweites Standbein mit einem Online-Shop aufzubauen und dadurch ein gewisses Grund-Einkommen zu generieren. Die Zeit für den Aufbau des Shops zieht er - wie ich oben auch beschrieben hab - von unnötigen, wenig erfüllenden, unproduktiven Tätigkeiten ab (Stichwort "Low Information Diet" - surfen und Zeitung lesen, Nachrichten schauen, Social Media...). Dann rät er, mit dem Arbeitgeber ein Home-Office Modell auszuhandeln und die Arbeiten, die delegiert werden können, an günstige "virtuelle Assistenten" in Indien auszulagern. Die Umsetzung ist hierbei wohl das Problem, die Idee an sich ist sicherlich genial.

So oder so - man kann in Schritten, im eigenen Tempo vorwärtsmachen. Wer seinen Fernseher weggibt und die Tageszeitungen auslässt, hat im Schnitt zwei bis drei Stunden pro Tag zur Verfügung, die er oder sie in die Umsetzung seines Traums investieren kann. Ein Online-Shop mag ein Zwischenschritt zu dem Leben sein, das man sich wirklich wünscht.

Letztendlich kommt es nur darauf an, wie konsequent man auf ein Glück hinarbeitet und dass man Glück nicht mit Geld verwechselt. Ich hoffe, dieser Beitrag leistet ein wenig Hilfestellung. :) Das Buch von Tim Ferris gibt's hier auf Deutsch und ich empfehle es wärmstens.

Viel Erfolg!

Dienstag, 3. Oktober 2017

Stilvoll Nein sagen

Die meisten Frauen, die ich kenne, haben grosse Mühe damit, Nein zu sagen. Diese Fähigkeit ist aber elementar für jeden Menschen. Wer nicht Nein sagen kann, verliert früher oder später die Balance. Und den Respekt der andern. Leute, die nicht nein sagen können, werden häufig ausgenutzt oder landen in Situationen, in die sie sich nie hätten begeben müssen. Beruflich enden sie häufig in der Sackgasse.

Warum können Frauen oft so schlecht nein sagen?



Meiner Meinung nach hat es damit zu tun, dass wir in unserer Kindheit mit Liebesentzug oder anderen Strafen konfrontiert wurden, wenn wir es wagten, uns zu verwehren. Anstatt den Willen der Kinder zu respektieren und ihren Entscheidungen freundliche Konsequenzen folgen zu lassen (Buchtipp Integrative Erziehung), brachen unsere Eltern unseren Willen und zwangen uns zu unserem "Glück". Das führt einerseits dazu, dass wir "altmodisch" erzogene Kinder Ausweichstrategien entwickelten (mangelnde Konfliktfähigkeit), gänzlich resignierten (Ja-Sager) oder aggressiv / verhaltensauffällig wurden. Wobei letzteres noch die langfristig beste Variante ist, wie ich persönlich finde.

Ausweichstrategien führen im Erwachsenenleben dazu, dass man sich notwendigen Konflikten nicht stellt. Auch denen mit sich selbst. Ja-Sager werden häufiger depressiv, denn sie haben sich irgendwo auf dem Weg selber verloren. Ihnen kann auch kaum jemand helfen. Andere entscheiden zwar nur zu gern für Ja-Sager, wissen aber nicht wirklich, was diese brauchen oder wollen. Das weiss nur jeder selbst.


“I knew that if I allowed fear to overtake me, my journey was doomed. Fear, to a great extent, is born of a story we tell ourselves, and so I chose to tell myself a different story from the one women are told. I decided I was safe. I was strong. I was brave. Nothing could vanquish me.” 

Frauen können speziell schlecht nein sagen, weil sie zu braven, angepassten, harmoniesüchtigen Wesen erzogen werden. Ihnen wird dann auch ein Leben lang gepredigt, dass ihnen Protest und Widerworte arg schlecht stehen. Anders als Männer fühlen sich Frauen um ein vielfaches schlechter (und schuldiger!) wenn sie nein sagen, wenn sie sich für ihre Sache einsetzen, wenn sie Freiraum und Selbstverwirklichung fordern. Sie werden extreeeem schnell als egoistisch, arrogant oder narzisstisch betitelt und ausgegrenzt - auch von andern Frauen!

Rein rational gesehen verlangt die Frau im Einzelnen nicht mehr, als der Mann.

Nicht klein beigeben, stark bleiben

Die meisten Frauen lenken dadurch - vor allem in jungen Jahren - häufig eher einmal ein, anstatt einen Konflikt durchzustehen. Ihnen schlägt einfach so viel Hass und Intoleranz entgegen - viel mehr als männlichen Kollegen in derselben Situation - dass sie halt aufgeben und die Faust im Sack machen. Was sie dann aber noch nicht wissen: Einlenken macht es auch nicht besser.

Wer es versäumt, sich im entscheidenden Moment abzugrenzen, verschiebt den Konflikt nur auf später - oder frisst ihn so lange in sich hinein, bis er implodiert oder depressiv wird. Symptome von unausgetragenen Konflikten und damit einhergehender konstanter Unzufriedenheit sind:
  • Schlaflosigkeit
  • Unruhe
  • Appetitlosigkeit (bei Depression)
  • Übermässiger Appetit (bei Wut)
  • Unsicherheit
  • Konzentrationsstörungen
  • Antriebslosigkeit (bei Depression)

Das Leben, meine Lieben, ist doch verdammt noch mal zu kurz dafür, oder?

Die eigene Kindheit kann man nicht mehr ändern, die Taktik von heute aber schon.


Es ist so - wenn die "Lehre" aus der Kindheit sehr tief sitzt, wenn man es trotz grosser Mühe nicht schafft, offen Nein zu sagen, dann sollte man lernen, stilvoll nein zu sagen. So stilvoll, dass es der andere im ersten Moment gar nicht bemerkt, zumindest aber es nicht als Steilvorlage für einen Streit ansehen kann. Viele schwierige - vor allem all zu emotionale - Konflikte lassen sich so vermeiden.

Nein sagen wie die Engländer

Die Engländer haben das stilvolle Neinsagen wahrlich kultiviert. Ein Volk, das seine Kinder auch ausserordentlich streng erzieht, scheint auch "Coping Strategien" hervorgebracht zu haben. In England gilt das Zeigen von Emotionen - sei es Trauer, Wut oder Aufregung - als Schwäche. Das hilft denjenigen, die Mühe haben mit offenen Konflikten. Denn selbst wenn sich das Gegenüber wahnsinnig aufregt; es darf es, wenn es Haltung wahren will, niemals offen zeigen! Wunderbar! Keine Szenen mehr im Restaurant!

Welche Englischen Floskeln wir zum Neinsagen verwenden können

"Ich höre, was du sagst." Oder "Ich verstehe, was du meinst." Diese Floskel (I hear what you say) bedeutet in England, dass man den Standpunkt des andern zwar akzeptiert, aber seine eigene, abweichende Meinung beibehalten wird. Ein Mittel- oder Südeuropäer, sagst du jetzt vielleicht, versteht den Wink nicht, das ist wahr. Aber dann kannst du ja noch deutlicher werden, ohne ihn zu provozieren:

"Ich werde darüber nachdenken." Das bedeutet: "Ich nehme deinen Wunsch zur Kenntnis, werde dir aber später mitteilen, dass ich ihm nicht nachkommen werde." (Oder nicht.) Damit vermeidet man eine Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt, bestenfalls auch später. Wenn man sich entschieden hat, und seine Meinung nicht mehr ändern wird, aber weiss, dass das Gegenüber nicht locker lassen wird (die Diskussion könnte noch Stunden dauern), dann kann man mit diesem Satz manchmal das Thema wechseln und später aus der Distanz absagen.

"Das sollten wir unbedingt irgendwann einmal." (Yes, we definitively must...) Heisst in Wahrheit: Auf keinen Fall möchte ich / habe ich Lust das irgendwann einmal zu tun. Meiner Meinung nach verstehen diesen Wink heutzutage auch Zentraleuropäer. Manchmal wird dieser Satz mit: "So schön, machst du mir einen Terminvorschlag?" gekontert. Dann kannst du leider davon ausgehen, dass du nicht in deinem Sinne verstanden wurdest. Nicht dein Fehler. Sag einfach: "Sehr gern" und wechsle das Thema. Die Person wird es dir vielleicht übel nehmen, wenn du dich nicht mehr deswegen meldest, aber entweder bedeutet sie dir eh nicht so viel und ihr geht getrennte Wege, oder du machst ihr bald einen Vorschlag, der dir besser gefällt. Beides valable Optionen.


Viel Höflichkeit wirkt viel

Was die Engländer auch gemeistert haben: Die überschwängliche, blumige Höflichkeit. Die meisten automatischen Antwort-E-Mails beginnen mit "Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unseren Kundendienst zu kontaktieren. Wir schätzen Ihre Geduld und Ihr Vertrauen blablabla und werden und schnellstmöglichst blablabla". Wie höflich!

Als Schweizerin habe ich heute noch Mühe mit solchen Sätzen, ob am Telefon oder in E-Mails. Ich fühle mich meistens um meine Zeit betrogen, die es braucht, den Scheiss zu lesen, bis ich zur essentiellen Information komme. ABER: Studien haben ergeben, dass diese Sätze effektiv besänftigend wirken.

Bevor wir also nein sagen - natürlich stilvoll - bedanken wir uns immer und sehr höflich!

Und dann bringen wir die Höflichkeitslüge (auch "Notlüge", aber eben höflich). Selber hab ich die Lüge extrem oft angewandt, in bestimmten Bereichen aber irgendwann einmal gemerkt, dass sie nicht ans Ziel führt. Zum Beispiel bei Verehrern. Von ihren Hormonen benebelt entgeht ihnen auch der deutlichste Wink mit dem Zaunpfahl. Bei ihnen helfen allerdings auch Floskeln nicht, sondern die "Not my cup of tea" Taktik (siehe weiter unten) oder die Hardcore-Variante des Neinsagens-und-Schweigens (ganz unten).

Die Höflichkeitslüge eignet sich aber gut bei den Eltern des Partners (die die andern Floskeln ignorieren), bei Arbeitskolleginnen, die etwas schwer von Begriff sind, oder bei Nachbarn. Allgemein: Bei allen Leuten, mit denen es man sich nicht verscherzen, die man aber nicht so häufig treffen will, wie sie einen selbst.

Statt also ehrlich zu sagen, dass man den andern nicht treffen möchte (mit oder ohne Begründung), sagt man einfach, man hätte - leider - schon etwas vor. Respektvollerweise sollte man sich an die Lüge erinnern, falls der Belogene später nachfragt.

Not my cup of tea Taktik

Diese Taktik ist im Prinzip nicht wirklich Taktik, sondern ein "Nein" verharmlost mit der eigenen (vorgegaukelten) Indifferenz. "Tut mir leid, aber davon verstehe ich leider wirklich überhaupt nichts" oder "Entschuldige, aber da musst du glaube ich mit jemand anderem darüber reden, ich hab keine Ahnung."



Man begründet einfach, dass man sich für die vorgeschlagene Tätigkeit / die vom andern geäusserte Meinung / dem Vorschlag xy nicht interessiere respektive sich noch nie damit auseinander gesetzt habe und es im Moment auch nicht vorhat.

Das Gegenüber kann darauf wenig entgegnen. Was will es schon machen? Es könnte das Thema noch stärker propagieren, würde aber bald merken, dass das nichts an deiner Einstellung ändert. In Wahrheit hast du ja eine Meinung dazu, du willst sie einfach nicht diskutieren. Das Resultat seinerseits dürfte Resignation oder Langeweile sein. Beides recht, solange wir das Thema nicht vertiefen müssen. Indifferenz wird einem so gut wie nie vorgeworfen, denn keine Meinung zu haben ist ein Zustand, keine Meinung an sich. Die Angriffsfläche ist zu klein. Hingegen favorisiert man die "falsche" Fussballmannschaft / Partei, ist eine unschöne Unterhaltung oft vorprogrammiert.

Nein sagen durch Themawechsel


Auch das beobachte ich relativ selten, ist aber unter Umständen auch effizient. Statt sich mit Floskeln rauszuwinden, legt man einen mehr oder weniger eleganten Themawechsel hin. Ein eleganter Wechsel wäre etwa, bei einem verwandten Thema weiterzumachen, ein abrupter Wechsel tut es zur Not aber auch. In letzterem Fall merkt das Gegenüber unter Umständen einfach, dass man das Thema nicht weiter vertiefen möchte, und ist ggf. etwas gekränkt.

Hier darum fünf Arten, subtil das Thema zu wechseln:


  1. Sich kurz auf die Toilette entschuldigen, beim Zurückkommen sofort eine Frage (zu einem anderen Thema) stellen.
     
  2. Kompliment in Frageform machen: "Wie kommt es, dass du so viel über dieses Thema weisst?" Leute lieben Komplimente und sie lieben es, über sich selber zu reden. Komplimente in Frageform lenken zuverlässig vom eigentlichen Thema ab.
     
  3. Andere Leute ins Gespräch integrieren: Wenn du auf eine Frage nicht antworten möchtest, beantworte eine andere (vielleicht vorangegangene (nochmal)) und frage die umstehenden Leute, wie das bei ihnen aussieht. Etwas offensichtlich, vielleicht, aber effektiv. Sobald die anderen sich in die Konversation einklinken, wird es schwer für den (Aus-)frager, wieder auf die eigentliche Frage zurück zu kommen.
     
  4. Wenn dir das Thema gerade nicht passt, picke ein einzelnes Wort aus dem Satz und leite zu einem Thema über, das dir mehr zusagt. ("Gestern habe ich Gisela mit Henriette beim Golf gesehen, sie haben über dich gelästert." "Ich wollte auch schon lange wieder einmal Golf spielen, was für eine wunderbare Sportart. Da fällt mir ein, meine Ausrüstung blablabla...")
     
  5. Eine Brücke machen. Beispiel: Auf eine kritische Frage ("Hast du viel zu tun? Hättest du gerade noch etwas Kapazität?") zunächst unverfänglich antworten ("Ja, die Arbeit geht einem hier nie aus, oder?") und dann gleich zu einem anderen, verwandten Thema wechseln ("Verwendest du auch den Outlook Kalender, um die Arbeit möglichst gut zu planen?").

Natürlich können die einzelnen Methoden auch kombiniert werden.

Wenn es hart auf hart kommt

Es wird die Situation kommen, in der dich dein Gegenüber mit nichts vom Haken lassen wird. Er wird dir ins Gesicht sagen, dass du das Thema gewechselt hast, oder ihm ("jetzt") seine Frage aber noch nicht beantwortet hast. Vielleicht wird er eine künstliche Pause einbauen - falls er erst die Umstehenden loswerden will - und hartnäckig bleiben.

In diesem Falle musst du meistern, was wir alle im Leben unbedingt meistern müssen: Bestimmt Nein sagen. Mein Rat an alle, die das noch nicht können, ist, in dieser Reihenfolge: "Fristerstreckungs"-Taktik, Mentales Training, praktische Übung.

Fristerstreckungs-Taktik


Bei mir war es oft so, dass mich Leute mit ihren Fragen oder Wünschen überraschten. Schlecht vorbereitet ist es noch schwieriger, stilvoll Nein zu sagen, als wenn man die Frage / den Wunsch kommen sieht. Darum in solchen Situationen den folgenden Satz parat haben:
"Ich bin gerade mitten in einer komplizierten Aufgabe, kann ich in zehn Minuten auf dich zurückkommen?" Oder "Ich muss dringend kurz austreten, komme nachher gleich zu dir."



Zehn Minuten schlägt einem keiner ab. In zehn Minuten kann man sich zwanzig Sätze zurechtlegen, in denen man stilvoll Nein sagt. Zehn Minuten können entscheidend sein, man sollte sie sich immer herausschlagen und sich nie überrumpeln lassen.

Mentales Training


Wiederholen sich gewisse Situationen (eine Arbeitskollegin bittet einen immer um dieselben Gefallen, die man eigentlich nicht leisten möchte, ein Chef will einen micromanagen, aber man will das nicht zulassen), kann man sich mental auch vorbereiten und sich Argumente zurechtlegen. Man kann Gespräche mit Leuten, die man schon gut kennt, auch mental führen - in verschiedenen Varianten. Mentales Training hilft, sich in heiklen Gesprächen nicht ganz aufgeschmissen zu fühlen.


Praktische Übung


Ans Neinsagen kann (und muss) man sich gewöhnen. Je öfter man es macht, desto schneller wird einem bewusst, dass es gar nicht so schlimm ist. Üben kann man das zum Beispiel am Telefon, wenn einem ein ausgebildeter Verkäufer ein Zeitschriften-Abonnement verkaufen will. Diese Verkäufer beherrschen die so genannte "Einwandbehandlung". Sie wenden alles an, was sie können, um einen zu überreden. Da es hier nicht drauf ankommt, kannst du verschiedene Arten, nein zu sagen, ausprobieren - von freundlich bis fies.

Neinsagen-und-Schweigen




Auch schlage ich vor, das unbegründete Neinsagen zu üben. Man begründet (ab einem gewissen Punkt) nicht mehr, warum man etwas nicht will. Man sagt einfach "nein" und schweigt. Schweigen und sich anstarren lassen ist verdammt schwer, aber kann auch sehr spannend sein. 

Schlussendlich geht es hier um Abgrenzung. Etwas nicht wollen ist ein Grundrecht. Dein Grundrecht. Nutze es.

Viel Erfolg!